Barrierefreies Webdesign war - oder ist immer noch - das Buzzword schlechthin. Das bessere Wort "Barrierearm" klingt nicht wirklich gut.

Webdesign: Barrierefrei

Der Begriff "Barrierefrei" wird häufig mit "Tabellenlos" (Nur CSS) gleichgesetzt, obwohl das völlig verschiedene Dinge sind.
Mehr dazu: Tabellenloses Webdesign und Tabellen vs. Barrierefreiheit.

Hier geht es nur um Barrierefreies Webdesign – wie es wirklich gemeint ist.

Das große Wort "Barrierefrei" bedeutet, dass Menschen mit unterschiedlichsten Beeinträchtigungen die Website benutzen können. Diese Beeinträchtigungen können "technischer" Natur sein – etwa Settop-Boxen für Fernseher, veraltete Browser oder Pocket-PCs mit winzigem Bildschirm, oder auch den Menschen selbst betreffend: Viele Menschen haben sicher Schwierigkeiten, den vorigen Satz ab "Diese Beeinträchtigen" zu erfassen und auch zu verstehen. Zudem enthielt er drei englische Fachbegriffe und einen Anglizismus.
Die Schätzungen sind sehr verschieden, man geht von 10 – 20% der Besucher aus, die nur einfache Sätze mit einfachen Wörtern erfassen können.
Hinzu kommen Schwierigkeiten mit der Navigation: Alles, was nicht genau der üblichen Form entspricht, bereitet Schwierigkeiten.

Die nächste größere Gruppe sind Menschen mit starken Sehschwierigkeiten oder Farbenblinde. Es gibt etliche Vorgaben, um das Webangebot auch diesen Menschen zugänglich zu machen; etwa die durchgehende Verwendung starker Kontraste und relativer Schriftgrößen. Weit schwieriger sind relative Bildgrößen.
In der Praxis ist es aber halb so schlimm: Sehschwache Menschen benutzen am Computer insgesamt technische Hilfsmittel, etwa große Bildschirme mit niedriger Auflösung oder Zoom-Funktionen und können mit einer Website, die nach üblichen Usabiltiy-Kriterien erstellt wurde gut umgehen.

Wer bis hierher alles richtig gemacht hat, hat sein Angebot für etwa 99% der möglichen Besucher zugänglich gemacht. Der Rest verteilt sich auf Menschen mit unterschiedlichsten Bedürfnissen, unter ihnen die 2 Promille blinde Internetbenutzer, die meist mit Vorlese-PlugIns, seltener mit Braille-Reader auf die Seiten zugreifen. Da auch ich niemanden kenne, der das tut, kann ich mich nur auf zusammengefasstes HörenSagen verlassen: Blinde Menschen sind keine homogene Gruppe. Der eine sucht möglichst schnell die Telefonnummer, der andere liest gerne viel. Und natürlich hängt das sehr stark vom Angebot ab.

Dazu sollte man auch wissen, dass der größte Teil der blinden Menschen sogenannte "Späterblindete" sind, also Menschen, die über 60 waren, als sie das Augenlicht verloren; meist infolge einer Krankheit. Diese Menschen sind nicht immer bereit, noch Blindenschrift zu erlernen.
Deswegen (und aus Kostengründen) ist die Verbreitung von Braille-Readern sehr gering, die allermeisten davon werden nur zu Schulungszwecken eingesetzt.
Wesentlich verbreiteter ist Vorlese-Software, etwa WebSpeech. Die Software greift nicht auf den Quellcode selbst zu, sondern lässt diese vorher vom Browser aufbereiten, deswegen gibt es keinerlei Probleme mit Tabellen oder Frames: Was der Browser als Text darstellen kann, kann die Software auch vorlesen.


Wie weit barrierefreies Webdesign für Sie wichtig ist, hängt schlichtweg von der Zielgruppe ab: Eine Bildergalerie wird weniger, die Bürger-Seite einer Stadtgemeinde muss sehr viel Wert darauf legen. Viele Barrieren betreffen mehr oder weniger alle Menschen. Es gehört zum guten Webdesign, derartige Fehler gleich zu vermeiden. Ab irgendeinem Punkt müssen aber Abstriche in Kauf genommen werden – da, dort oder anderswo – die den einen oder anderen dazugewinnen, den anderen wieder vergraulen. "Allen recht getan ist eine Kunst die niemand kann."