Sind Handy-Fotos professionell genug?

Kann ich mit dem Smartphone Fotos für Kataloge und Folder machen? Reicht die Auflösung? Was muss ich beachten? 

Fotos aus dem Handy für Druck-Sachen

Als Faustregel kann man bei einem heutigen Handy (ca 8 MegaPixel) sagen: So ein Foto kann man in üblicher Qualität auf eine DIN A4 Seite drucken. Ältere Handys (mit 4MP) eben nur auf die Hälfte, also ein zusammengefaltetes Standardblatt = A5. Das wird in aller Regel reichen. Es gibt aber Ausnahmen.

Ausschnitte:

Will man zb. ein Querformat füllend auf das Cover einer Zeitschrift drucken, muss man zwangsläufig einen Ausschnitt nehmen.
Einfache Sache: wenn ich das Foto noch gut auf A4 quer ducken kann, ist ein Ausschnitt, der A4 hoch sein soll, vergrößert und somit niedriger aufgelöst – und wenn wir uns schon an der Grenze bewegen, wird diese hier vielleicht überschritten.

Die berühmte 300DPI-Regel muss man aber nicht immer so genau nehmen. Sie kommt im wesentlichen daher, dass im Offset-Druck ab dieser Grenze die Qualität nicht mehr nennenswert steigt, zumindest was Fotos betrifft.
Wenn das Foto gut ist, gehen etwa bei Landschaftsfotos durchaus auch 200 DPI oder weniger. Die Natur ist ohnehin nicht so scharf.

Anders ist das bei Gesichtern (bei denen man instinktiv mehr auf Details achtet) oder Produktfotos.

Produktfotos

Hier zählt weniger die (künstlerische) Qualität des Fotos, sondern andere Kriterien: Schärfe, neutrale Beleuchtung.

Produktfotos werden in aller Regel nachbearbeitet; zumindest freigestellt (also vom Hintergrund gelöst). Nichts ist nerviger, als ein unscharfes Foto freizustellen. Ebenfalls sehr störend sind unruhige Hintergründe oder unnatürlich starke perspektivische Verzerrungen.

Smartphone-Kameras haben fast immer Weitwinkel-Objektive, die bei geringem Abstand starke Verzerrungen verursachen.

Abgesehen von der angegebenen technisch Auflösung sind Handy-Fotos immer etwas unscharf. Das liegt einfach am geringen Gewicht, an der kleinen Linse und der sehr kurzen Brennweite. Im Prinzip ist die Kamera eines Smartphones ein Modell einer normalen Kamera im Maßstab 1:10 und kann daher eigentlich auch nur Photos in diesem Maßstab machen.

Nur durch die hochoptimierte Festbrennweite und allerhand Rechenleistung ist die - eigentlich erstaunliche! - Qualität heute möglich.

Andererseits: Weil für eine "Modell-Kamera" entsprechend auch alles weit weg ist, ist auch die Tiefenschärfe weit höher als bei Spiegelreflex-Kameras. Das ist ein großer Vorteil.

Digitalkamera mit optischen Zoom aus 2 Meter vs. Handy aus 40cm Entfernung. Derartige Aufnahmen müssen für sich alleine stehen, weil sie sonst irritierend wirken.

Ein paar Tipps

(Die meisten Tipps gelten auch für Digitalkameras)

Tageslicht, aber keine direkte Sonne: Das beste Licht für neutrale Aufnahmen hat man an etwas trüben Tagen. Direktes Sonnenlicht erzeugt harte Schatten und Glanzlichter, die man auch mit Photoshop nicht wegbekommt. Auf Papier gedruckt, sieht das oft „seltsam“ aus.

Niemals: Direkter Blitz! Eine zu dunkle Aufnahme kann man zur Not noch aufhellen, eine Blitzaufnahme (vom Handy-Blitz) kann man wegschmeißen.

Farb-neutrale Umgebung: Speziell Bäume/Hecken in der Nähe verursachen Grünstich – der durch Farbkorrektur zu teilweise starkem Rotstich wird. Blauer Himmel macht Blaustich, der wiederum zu Gelbstich wird, sobald man ihn korrigiert. Das alles natürlich Fleckenweise, sonst wärs ja einfach.

Weiße oder zumindest „unauffällige“ Unterlage: Keinesfalls im Gras, weil die Grasbüschel unten alles verdecken. Generell natürlich darauf achten, dass auch wirklich alles drauf ist.

Nicht selbst nachbearbeiten: Wenn Sie vorhaben, die Bilder in einem professionell gemachten Druckwerk zu verwenden, sollten Sie sie nicht selbst bearbeiten. Ein unprofessionell freigestelltes Bild ist schwerer (sauber) freizustellen als ein unbearbeitetes – Sie tun uns Grafikern damit keinen Gefallen.

Zum Schluss noch: RAW oder nicht?

Das ist eine Glaubensfrage. Die Vor- und Nachteile halten sich meistens die Waage. Ein RAW-Format kann man sehr weitreichend nachbearbeiten – man MUSS es aber auch. Selbst wenn man dabei super-sorgfältig vorgeht, kommt oft kaum was anderes raus, als hätte man sich schlichtweg auf die Kamera-Automatik verlassen – manchmal sogar schlechter. Auf der Nachteile-Liste steht: Sperriges Handling, nur in bestimmten Programmen zu bearbeiten, große Dateigrößen, schlechte Archivierbarkeit.

Natürlich wird jeder Fotograf ein Bild präsentieren können, das nur Dank RAW-Format noch zu retten war. Aber: Bei (hoffentlich) vielen Fotos wird eine „Rettung“ nicht nötig gewesen sein – und bei vielen wird auch das RAW-Format nicht geholfen haben. Dafür hat man aber immer noch die Nachteile – bei jedem Bild.
Bei Fotos vom Handy (mit 3mm Linse) ist RAW schlichtweg Angeberei.

Wir Grafiker haben jedenfalls keine Freude mit RAW-Bildern. Wenn ein Fotograf/Kunde spezielle Farbkorrektur-Wünsche hat, soll er diese auf seinem speziell dafür abgestimmten System machen und uns schlichtweg das Ergebnis geben.